Gestern, am 2. April 2025, erfolgte der abschließende Schiedsspruch zum neuen Hebammenhilfevertrag in nur einer Sitzung. Dem inhaltsgleichen Antrag von GKV-Spitzenverband, Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) und dem Netzwerk der Geburtshäuser (NWGH) wurde wie befürchtet mit einer deutlichen Mehrheit zugestimmt.
Wir sind sehr enttäuscht und entrüstet über den Ausgang, denn durch einen Zusammenschluss der Hebammen wäre ein deutlich besseres Ergebnis möglich gewesen. Davon sind wir überzeugt.
Der Hebammenhilfevertrag tritt ab dem 1. November 2025 mit einer Laufzeit zum 31. Dezember 2027 in Kraft. In einer entsprechenden Übergangsvereinbarung wurde geregelt, dass bis November auf allen derzeit gültigen Positionsnummern ein Aufschlag von 4,3 Prozent gewährt wird. Diese Übergangsvereinbarung tritt am 1.5.2025 in Kraft.
Die wichtigsten Änderungen, die ab 1. November 2025 in Kraft treten:
- festgesetzter Stundensatz von 74,28 € statt wie vom DHV gefordert 88,20 €
- Beleghebammen und Begleit-Beleghebammen bekommen 80 Prozent des regulären Stundensatzes, das bedeutet 59,42 €. Der DHV hatte ein Vergütungsniveau von 100 Prozent gefordert, also 88,20 €
- die 1:1-Betreuung im Rahmen einer Geburt mit einer Beleghebamme (jeweils zwei Stunden vor und nach der Geburt) erhält einen Zuschlag von 103,99 €
- für die Parallelbetreuung im Belegsystem von einer zweiten und dritten Versicherten konnte das Vergütungsniveau von 25 auf 30 Prozent hochgesetzt werden
- für außerklinische Geburten und Begleit-Beleggeburten wurde eine Grundpauschale vereinbart, zzgl. einer reduzierten Stundenvergütung entsprechend der gesamten Betreuungsdauer für die Geburt
- der Zuschlag für Nacht, Wochenende und Feiertag wurde von 20 auf 17 Prozent herabgesetzt
- das Wegegeld wurde vereinheitlicht, die Festsetzung liegt bei 0,97 € für jeden gefahrenen Kilometer
Positiv ist zu erwähnen, dass alle Beteiligten die 1:1-Betreuung fördern möchten. Diese Forderung stellt der DHV schon seit Jahren. Es müssen allerdings im Vorfeld erst die Rahmenbedingungen in den Kreißsälen prozessual vorbereitet werden, um die 1:1-Betreuung unter der Geburt zu gewährleisten. Die personellen und strukturellen Voraussetzungen dafür sieht der DHV flächendeckend noch nicht. Es entsteht der Eindruck, dass der GKV-Spitzenverband über eine finanzielle Sanktionierung ohne Übergangsfrist die 1:1-Betreuung erzwingen möchte.
Ein weiterer Bestandteil des Vertrags ist eine Gründung einer Arbeitsgruppe zur Evaluierung der finanziellen Auswirkungen des neuen Hebammenhilfevertrags auf das Beleghebammensystem. Wie sich die Arbeitsgruppe zusammensetzt und auf welcher Grundlage die Evaluierung stattfinden soll, wurde nicht konkretisiert.
Diese Arbeitsgruppe ist aus unserer Sicht eine pure Augenwischerei.
Fakt ist:
- Die Leistungen werden erst ab dem 01. November 2025 nach dem neuen Vertrag abgerechnet.
- Aufgrund der Ausschlussfrist am 30. Juni kann eine Evaluierung frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2027 abgeschlossen werden.
- Die Vertragslaufzeit wurde bis 31. Dezember 2027 festgelegt, also müssen vorbereitende Berechnungen seitens der Hebammenseite schon längst erfolgt sein.
Außerdem verhilft die Arbeitsgruppe, die von den Vertragspartnern eingesetzt werden soll, nicht zu unterjährigen Vergütungsanpassungen.
Der DHV ist mit der jetzt festgesetzten Stundenvergütung auf keinen Fall einverstanden!
Das in diesem Zusammenhang von BfHD und NWGH geäußerte Argument, die prekäre Finanzlage der Krankenkassen müsse berücksichtigt werden, sieht der DHV nicht als die Aufgabe der Interessensvertretung der Hebammen. Unser Maßstab kann einzig sein, für die Hebammen ein angemessenes Auskommen zu verhandeln, was den wirtschaftlichen Interessen der Hebammen entspricht. Dazu fordern wir auch den BfHD und das NWGH wieder auf.
Insgesamt macht der Hebammenbereich in den Budgets der Krankenkassen ca. 0,26-0,28 Prozent aus.
Wie geht es jetzt weiter?
- Detaillierte juristische Bewertung des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens
- Analyse zu den Konsequenzen für die gesamte Berufsgruppe
- Engmaschige Informationen für Mitglieder zu den neuen Vertragsinhalten und Beratung zur bestmöglichen Umsetzung
Der DHV bietet exklusiv für seine Mitlieder in einer Auftaktveranstaltung am Dienstag, den 08. April 2025 Informationen zum neuen Hebammenhilfevertrag an.
Beim ersten Termin werden wir neben einer detaillierten juristischen Bewertung des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens, eine Analyse zu den Konsequenzen für die gesamte Berufsgruppe der Hebammen geben.
Mit dieser Auftaktveranstaltung beginnt der DHV eine engmaschige Informationsreihe für alle Mitglieder zu den neuen Vertragsinhalten. Hier geben wir eine fundierte Beratung zur bestmöglichen Umsetzung des neuen Hebammenhilfevertrags.
Der DHV und seine Landesverbände stellen mit den mehr als 22.000 Mitgliedern aus allen Tätigkeitsbereichen die Hebammenversorgung (werdender) Eltern und ihrer Familien sicher. Es ist desaströs, dass der DHV nun zum Leidwesen der gesamten Berufsgruppe wiederholt mit seinen Forderungen in der Schiedsstelle unterliegt, weil der BfHD und das NWGH als Unterstützer*innen des GKV-Spitzenverbands agieren.
Ihre
Ulrike Geppert-Orthofer
Präsidentin