Hebammenverband fordert schnelle gesetzliche Regelungen und Umsetzung

In einem Jahr, am 18. Januar 2020, muss die Hebammenausbildung auch in Deutschland an die Hochschulen überführt werden. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, die eine vollständige Akademisierung fordert. Das Bundesgesundheitsministerium hat die Umsetzung der Akademisierung in Form eines dualen Studiums im Herbst bestätigt. Der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV) fordert ein Jahr vor dem Start, die nötige Gesetzgebung schnell anzugehen und umzusetzen. Die schulische Ausbildung muss zeitnah und pünktlich zum Stichtag an die Hochschulen überführt werden. Nur so werden die EU-Auflagen einer akademischen Ausbildung erfüllt. Ein anschließender Übergangszeitraum ist sinnvoll, damit alle an der Ausbildung Beteiligten die nötigen Qualifikationen erwerben können.

Die Ausgestaltung des dualen Studiums muss eine bestmögliche praktische Ausbildung und eine angemessene Finanzierung beinhalten. Die Kompetenzen der bisher an den Fachschulen tätigen Lehrenden müssen bei den Regelungen berücksichtigt und für das Hebammenstudium genutzt werden.

„Die Akademisierung ist eine der größten Reformen für Hebammen. Kurz vor dem Start ist aber leider noch alles offen. Wir brauchen jetzt einen gesetzlichen Rahmen“, so Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbands e. V. Der Deutsche Hebammenverband hat dazu in einem Eckpunktepapier gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) Vorschläge für die Gestaltung des Studiums, die praktische Ausbildung und die Finanzierung vorgelegt.

Auch wenn die theoretische Ausbildung an der Hochschule stattfindet, sollte die Verzahnung zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung bestmöglich gewährleistet sein. Damit sich die Bedingungen hierzu nicht verschlechtern, hält der DHV das Konzept der dualen, praxisintegrierenden Studiengänge für am besten geeignet. Besonders sind der Erhalt und der Ausbau der Finanzierung der praktischen Ausbildung an Kliniken und im ambulanten Bereich über den bestehenden Ausbildungsfonds nötig.

In einigen Bundesländern wird die Akademisierung bereits vorangetrieben. Beispielsweise übernimmt bereits jetzt bis zu einer neuen Bundesregelung in Schleswig-Holstein die Universität Lübeck in Kooperation mit der UKSH Akademie die gesamte Ausbildung von Hebammen im Bundesland. Auch die Lehrenden sind durchgängig qualifiziert und werden an die Universität übernommen.

In den meisten Bundesländern liegt jedoch ein Jahr vor dem Stichtag der EU noch kein Konzept zur Auswahl geeigneter Hochschulstandorte vor. Auch Fördermaßnahmen und Konzepte für die Lehrerinnen der Schulen, um zu promovieren und damit die geforderte Qualifikation zur Lehre an den Hochschulen zu erlangen, sind noch nicht vorhanden.

Offenbar fehlt in vielen Ländern noch der politische Wille, allen Hebammen die bestmögliche Ausbildung zukommen zu lassen. „Es wird sehr auf den Erhalt der bestehenden Schulen geschaut. Dabei können Berufsfachschulen nicht dasselbe leisten wie Hochschulen. Nach dem Willen der EU und den Empfehlungen der WHO sollen Hebammen wissenschaftlich, also hochschulisch ausgebildet werden“, verdeutlicht Yvonne Bovermann, Beirätin für den Bildungsbereich des DHV. „Die dringend notwendige Reform darf nicht verwässert werden, weil einige Länder die Ausgaben für Studiengänge scheuen. Es geht um die künftig bestmögliche Ausbildung für die neuen Herausforderungen bei der Betreuung von Schwangeren und ihren Kindern. Das ist kein Thema für die lange Bank“, so Bovermann. Eine weitere Verzögerung würde verhindern, dass Deutschland international absehbar wieder Anschluss bei der Hebammenausbildung findet.

Deutschland ist mittlerweile das letzte Land in der EU, das Hebammen noch nicht an Hochschulen ausbildet. Der Hebammenberuf hat sich in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt und Hebammen arbeiten sehr eigenständig. Eine bestmögliche Ausbildung durch ein Studium ist deshalb notwendig und gewährleistet auch zukünftig eine hohe Qualität in der Geburtshilfe.

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Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) ist der größte Hebammenberufsverband in Deutschland und setzt sich aus 16 Landesverbänden mit über 20.000 Mitgliedern zusammen. Er vertritt die Interessen aller Hebammen. Im DHV sind angestellte und freiberufliche Hebammen, Lehrerinnen für Hebammenwesen, Hebammenwissenschaftlerinnen, Hebammen in den Frühen Hilfen, hebammengeleitete Einrichtungen sowie Hebammenschülerinnen und Studierende vertreten. Über die berufliche Interessenvertretung hinaus ist eine gute medizinische und soziale Betreuung der Frauen und ihrer Kinder vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit ein zentrales Anliegen des Verbandes. Als Mitglied in der European Midwives Association (EMA), im Network of European Midwifery Regulators (NEMIR) und in der International Confederation of Midwives (ICM) setzt er sich auch auf europäischer und internationaler Ebene für die Stärkung der Hebammenarbeit sowie die Gesundheit von Frauen und ihren Familien ein.