Aktuell hat der Deutsche Bundestag eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage aus der Fraktion der FDP zur Umsetzung der Akademisierung der Hebammenausbildung veröffentlicht. Aus dieser wird deutlich, dass zehn Monate vor dem Stichtag noch viele Schritte der Reform unklar sind. Die Bundesregierung hat sich sehr spät klar dazu positioniert. Obwohl die EU bereits seit 2013 verlangt, dass bis Januar 2020 die Hebammenausbildung in allen EU-Ländern auf ein hochschulisches Niveau angehoben werden soll, wurde in Deutschland erst im Oktober 2018 dazu Stellung bezogen. Die Hebammenausbildung soll in Zukunft auch in Deutschland vollständig akademisch erfolgen. Die Zeit dafür drängt.

Der Hebammenverband kritisiert insbesondere, dass in den Bundesländern bisher eine gemeinsame Strategie fehlt. Viele Landesregierungen haben offenbar entschieden, nichts zu unternehmen, bis das neue Hebammengesetz vorliegt. In vielen Ländern ist nach wie vor unklar, an welchen Standorten die Studiengänge aufgebaut werden sollen. Einige Länder vertreten sogar den Standpunkt, dass sie Hebammenschulen noch viele Jahre bestehen lassen wollen. Derzeit werden sogar neue Hebammenschulen gegründet, die teils nicht mehr den Mindestanforderungen an die Ausbildung genügen. Begründet wird das Vorgehen mit dem Erhalt des Zugangs zum Beruf für Schulabgängerinnen und -abgänger mit mittlerem Schulabschluss. Die EU hat dieses Bildungsniveau jedoch als nicht mehr ausreichend definiert. Ursache für die zögerliche Haltung kann auch die Notwendigkeit für die Übernahme der Finanzierung der Studiengänge durch die Länder sein.

„Die Bundesländer können keinen Sonderweg bei der Ausbildung von Hebammen einschlagen“, so Yvonne Bovermann aus dem Präsidium des Deutschen Hebammenverbands e. V. „Jede Frau hat das Recht, rund um die Geburt bestmöglich betreut zu werden. Die Gesundheit von Mutter und Kind verdient eine umfassende und hochwertige Ausbildung von Hebammen nach neuestem wissenschaftlichen Kenntnisstand.“

Aktuell besteht jedoch ein bedenklicher Trend: In vielen Ländern kommt es immer häufiger zur Neugründungen von Hebammenschulen. Als Begründung wird der Mangel an Hebammen genannt. Die Gründung neuer Schulen hat jedoch besorgniserregende Folgen: Es fehlen geeignete, qualifizierte Hebammen für die Leitung der Schulen und den Unterricht. Diese sehen ihre berufliche Zukunft eher an einer Hochschule, oder sie sind bereits an einer bestehenden Schule eingebunden. So ist die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen für die theoretische und praktische Ausbildung an einigen neu gegründeten Schulen gefährdet. Anstatt in die notwendige Anhebung des Ausbildungsniveaus zu investieren kann nun beobachtet werden, dass bei Neugründungen selbst das derzeitige Qualifikationsniveau aufgrund von fehlenden qualifizierten Hebammenlehrerinnen nicht sicher erreicht werden kann.

Es gibt jedoch auch positive Beispiele: In einigen Ländern ist die vollständige Überführung an die Hochschulen bereits beschlossen, entsprechende finanzielle Unterstützung ist vorgesehen. So kann in Schleswig-Holstein zum Beispiel die Lehre in den kommenden Jahren vollständig an die Universität Lübeck überführt werden. Andere Länder werden folgen, beispielsweise Hamburg, Bremen und Sachsen-Anhalt. Dies ist sinnvoll, weil das Interesse an der schulischen Ausbildung sinkt.

Für Frauen und ihre Kinder liegt der Nutzen der Akademisierung der Hebammenausbildung auf der Hand: Damit ist flächendeckend gewährleistet, dass Hebammen wissenschaftliche Erkenntnisse in ihre praktische Arbeit und ihre Entscheidungen einfließen lassen. Dies verbessert die Betreuungssituation der Frauen und ihrer Kinder. In vielen europäischen Ländern konnte nach der Akademisierung die Kaiserschnittrate und die Zahl der Interventionen gesenkt werden. Der Beruf wurde wieder attraktiver, so dass mehr Hebammen in ihrem Beruf tätig sind.

Empfehlungen und Handlungsplan des DHV für die Überführung der Hebammenausbildung an die Hochschulen (Stand: März 2019) – PDF

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Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) ist der größte Hebammenberufsverband in Deutschland und setzt sich aus 16 Landesverbänden mit über 20.000 Mitgliedern zusammen. Er vertritt die Interessen aller Hebammen. Im DHV sind angestellte und freiberufliche Hebammen, Lehrerinnen für Hebammenwesen, Hebammenwissenschaftlerinnen, Hebammen in den Frühen Hilfen, hebammengeleitete Einrichtungen sowie Hebammenschülerinnen und Studierende vertreten. Über die berufliche Interessenvertretung hinaus ist eine gute medizinische und soziale Betreuung der Frauen und ihrer Kinder vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit ein zentrales Anliegen des Verbandes. Als Mitglied in der European Midwives Association (EMA), im Network of European Midwifery Regulators (NEMIR) und in der International Confederation of Midwives (ICM) setzt er sich auch auf europäischer und internationaler Ebene für die Stärkung der Hebammenarbeit sowie die Gesundheit von Frauen und ihren Familien ein.